Mit Jahresbeginn trat in Tübingen (Baden-Württemberg) eine Verpackungssteuersatzung in Kraft. Seit dem 01.01.2022 werden 0,50 € für Einwegverpackungen, 0,50 € für Einweggeschirr und 0,20 € für Einwegbesteck fällig, bis zu einer Höhe von 1,50 € pro Mahlzeit. Erklärtes Ziel ist es, die Verursacher:innen an den Kosten der Entsorgung zu beteiligen. Weiterhin soll die Satzung ein Anreiz sein, Mehrwegsysteme einzuführen.
Gegen die Satzung klagte die Franchisenehmerin einer Tübinger McDonald’s-Filiale. Sie brachte vor, dass die örtliche Verpackungssteuer im Widerspruch zum Bundesrecht stehe. Insbesondere geht es auch um unzulässige Doppelbesteuerungen. Der Verwaltungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg erklärte in einem Urteil vom 30.03.2022 die Satzung für unwirksam, jedoch steht die Urteilsbegründung noch aus. Über eine etwaige Revision entscheidet der Stadtrat, bis zu einem rechtsgültigen Urteil bleibt die Satzung in Kraft.
In den ersten Monaten des Geltungszeitraums beobachtete die Stadt bereits einen Rückgang der entsorgten Müllmenge verglichen mit den vorpandemischen Jahren 2018 und 2019. Die Verpackungssteuer sei somit ein Erfolg und entfalte eine Lenkungsfunktion.
Der Verband der Kommunalen Unternehmen (VKU) hingegen spricht sich gegen örtliche Regelungen aus: So nachvollziehbar und verständlich die Argumente und Ziele der Kommunalpolitik sind, »Insellösungen« hätten einen Flickenteppich an Regelungen zur Folge. Das würde die Verbraucher:innen nur verwirren, anstatt das Problem des Litterings (Vermüllung) an der Wurzel zu packen. Der VKU drängt daher den Bund dazu, über eine enge 1:1-Umsetzung der EU-Kunststoffrichtlinie hinauszugehen, um strengere und allgemeingültige Regeln festzulegen. Umweltverbände wenden wiederum ein, dass Deutschland wenig Ehrgeiz zeigt, über die Vorgaben der Kunststoffrichtlinie hinauszugehen. Folglich wird die Begründung zum Urteil über die Tübinger Verpackungssteuer auch in anderen Städten mit Spannung erwartet.
Gute Beispiele für die Vermeidung von Plastikmüll und Einwegkunststoffprodukten hat die internationale Organisation »Seas at Risk« zusammengetragen, abzurufen als Broschüre oder interaktive Karte. Denn am Handlungsbedarf besteht kein Zweifel: Eine jüngst erschienene Studie des Alfred-Wegener-Instituts belegt, dass selbst in der Abgeschiedenheit des Arktischen Ozeans Plastikabfälle in besorgniserregenden Größenordnungen zu finden sind. Etwa 19 bis 23 Millionen Tonnen Plastikmüll landen jährlich in den Gewässern der Welt – das entspricht fast zwei LKW-Ladungen pro Minute.