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Frauenanteil in den sächsischen Kommunalvertretungen
Mit den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr haben sich die Frauenanteile in den sächsischen Kommunalvertretungen im Vergleich zur vorhergehenden Legislatur verschoben. In absoluten Zahlen haben weniger Frauen einen Sitz in den Kreistagen sowie in den Gemeinde- und Stadträten. Unabhängig von den Wahlen zu den vorgenannten Kommunalvertretungen ist eine weitere Bürgermeisterin im Vergleichszeitraum hinzugekommen, während es keine einzige Landrätin in Sachsen gibt (siehe die Tabelle am Ende des Beitrags).
Der niedrige Beteiligungsgrad von Frauen in der Kommunalpolitik ist für eine demokratische Gesellschaft hochproblematisch. Der geringe Anteil in den Kommunalvertretungen als “Verfassungsbruch in Permanenz” (Elisabeth Selbert) ist Ausdruck tiefer liegender Prozesse, die trotz der Fortschritte von Gleichberechtigung und Emanzipation noch immer fortwirken.
Auf der kommunalen Ebene zeigt sich ganz konkret, wie praktische Erwägungen vor Ort mit gesamtgesellschaftlichen Prozessen zusammenwirken. Wie ist zum Beispiel die Kommunalpolitik und Ratsarbeit organisiert, wie oft tagt ein Gemeinderat, wann geht es los und wann endet die Sitzung? Gerade im ländlichen Raum: Wie komme ich hin und zurück? Hinzu kommen Sitzungen der Ausschüsse und Aufsichtsräte, Termine bei Vereinen und Initiativen, Gespräche mit BürgerInnen, etc. etc.
KommunalpolitikerInnen wissen um die Verantwortung und Arbeitslast, die das Mandat mit sich bringt. Dennoch wird Frauen die Frage nach der Vereinbarkeit von Mandat, Arbeit und Privatleben deutlich häufiger gestellt als Männern, was am verbreiteten Rollenverständnis über häusliche Arbeit liegt. Und sie sich somit häufiger die Frage stellen: Wer passt auf die Kinder auf, wenn wir bis open End im Ratssaal sitzen?
Wer Wege aus dieser Situation finden will, muss also nach den Rahmenbedingungen schauen, in denen Kommunalpolitik stattfindet und diese, wo es geht, verändern. Zum Beispiel mit Kinderbetreuung während der Ratssitzungen. Aber auch die Ansprache von potenziellen Kommunalpolitikerinnen muss gezielter sein. In einer parlamentarischen Demokratie kommt diese Aufgabe insbesondere den Parteien und ihren Ortsgruppierungen zu – und in steigendem Ausmaß den lokalspezifischen Wählervereinigungen.
In Zeiten, in denen gerade in kleineren Gemeinden um jeden Bewerber und jede Bewerberin für ein kommunales Mandat gerungen werden muss, ist die Einstellung “Die kommen schon zu uns” fehl am Platz. Eher muss auf die Leute und besonders die Frauen zugegangen, sie gezielt angesprochen werden. Dabei können einerseits Bedenken besprochen als auch andererseits die Fragen gestellt werden: “Was brauchst du, um dich im Rat engagieren zu wollen und zu können? Was ist gut, was muss anders sein?“ Das sollte allerdings nicht erst knapp vor den Wahlen auf der Agenda stehen, sondern – da kommen wieder die gesamtgesellschaftlichen Prozesse ins Spiel – immer und jeden Tag.
Selbst aktiv werden und dabei auf eigene Vorstellungen und Bedürfnisse eingehen: Das kommt im besonderen Maße zusammen, wenn parteiunabhängige Wählervereinigungen in Form von reinen Frauenlisten die Sache selbst in die Hand nehmen. So etwa die Liste Stadt Land Frau mit drei Sitzen im Stadtrat Kamenz oder die Liste Bürgerinnen für Brand-Erbisdorf mit ebenfalls 3 Sitzen im Stadtrat Brand-Erbisdorf.
Letztlich sind Kommunalwahlen Personenwahlen, bei denen die abgegeben Stimmen kumuliert („gehäufelt“) und panaschiert („gemischt“) werden können. Neben den Parteien und Wählervereinigungen in ihrer Funktion politisches Personal zu gewinnen und den Personen, die für sich den Entschluss fassen zu kandidieren, liegt es also zuletzt bei den WählerInnen, Einfluss auf die Zusammensetzung des Rates zu nehmen. Wieder einmal zeigt sich, dass die großen Debatten der Gesellschaft um Gleichberechtigung im Kleinen der Kommune ausgetragen werden.
Mehr zum Thema: Frauen in der Kommunalpolitik, Frauen führen Kommunen, Mainzer Resolution für mehr Frauen in der Kommunalpolitik
Stand vom 22.02.2019 Anteil in % (Gesamt/Frauen) | Stand Kommunalwahlen vom 26.05.2019 Anteil in % (Gesamt/Frauen) | |
Mandate in Gemeinde- und Stadträten, inklusive kreisfreie Städte | 20% (7.259/1.451) | 20,7% (6.869/1.419) |
Mandate in Kreistagen | 18,3% (914/167) | 16,7% (902/151) |
Bürgermeisterinnen Ohne Beigeordnete | 13,8% (421/58) Stand 31.01.2019 | 14,1% (419/59) Stand 31.12.2019 |
Quelle: Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN), Drs.-Nr.: 6/16479 | Quelle: Kleine Anfrage der Abgeordneten Sarah Buddeberg (DIE LINKE), Drs.-Nr.: 7/1447 |