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Kommunale Integrationskonzepte

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Selbstreflexion und Leitbilder der Einwanderungsgesellschaft Teil I

aus der Kommunal-Info 5/2017
von Konrad Heinze

Im vorangegangenen Artikel „Integration – Eine kommunale Begriffsgeschichte Teil II“, erschienen in der Kommunal-Info 04/2017, wurde auf die Rolle eines positiven und sinnstiftenden Selbstbildes von Einwanderungsgesellschaft verwiesen. Dieses soll aber gerade nicht dazu dienen, soziale Ungleichheiten und Konflikte mithilfe einer romantisierten Vorstellung von „urtümlicher“ Gemeinschaft zu verklären und zu überdecken. Vielmehr soll es das immer wieder neu aus- und zu verhandelnde Narrativ einer noch im Werden begriffenen, pluralistischen Gesellschaft sein, in welcher Migration eine Normalität von vielen ist.

Eine Vergegenwärtigung dessen und damit über eine gesellschaftliche Utopie zu verfügen ist keinesfalls eitle Selbstbeschäftigung, sondern zeitigt einen praktischen Nutzen. So fällt es doch auf, „dass selbst dann, wenn konkrete Integrationspläne entworfen werden, selten davon die Rede ist, was Integration eigentlich heißt.“ Demgegenüber kann nun  die Vorstellung einer erstrebenswerten, weil allen Menschen soziale, politische und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichenden Gesellschaft, als Basis und Ausgangspunkt von gegenwärtigen Integrationskonzepten dienen. Ein herauszustellendes Beispiel hierfür gibt das „Leitbild Migration und Integration“ der Stadt Münster, welches 2008 erstmalig verabschiedet wurde und seit 2014 in einer überarbeiteten Fassung vorliegt. In diesem werden vom übergeordneten Leitbild ausgehend, nachgestellte Leitziele entwickelt, die ihrerseits in mit konkreten Maßnahmen unterlegte Teilziele untergliedert sind.

Integrationskonzepte in der Forschung
Die sozialwissenschaftliche Begleitung und Auswertung von kommunalen Integrationskonzepten steht derzeit am Anfang. So können vorläufig lediglich Aussagen über Strategien, inhaltliche Schwerpunkte und Organisationsformen getroffen werden, (noch) nicht aber über deren Auswirkungen und Folgen  in der und auf die kommunale Praxis. Nach dem bisherigen Forschungsstand lässt dennoch sich eine Reihe von Merkmalen beschreiben, welche fortentwickelte Integrationskonzepte ausmachen.

Organisatorisch teilen sie 1.) das Verständnis von Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe aller Fachpolitiken und -bereiche der Verwaltung, 2.) deren Bündelung und schließlich die inhaltliche Ausarbeitung zu einem Gesamtkonzept obliegt typischerweise den Integrationsbeauftragten und 3.) ist es von der Ausarbeitung bis zur Verabschiedung ein langer Weg unter breiter Beteiligung politischer Parteien und gesellschaftlicher Gruppen.

Geteilte Prinzipien umfassen die Bestrebung, dass 1.) die besagte Beteiligung nicht allein auf den Ausarbeitungsprozess bis zur Verabschiedung des Konzeptes zu beschränken ist, sondern vielmehr einer dauerhaften Zusammenarbeit als auch der politischen Partizipation von MigrantInnen hoher Wert beigemessen wird. Weiterhin bedeutet dies 2.) zumindest dem Anspruch nach die Abkehr vom Defizitansatz und damit die Anerkennung von MigrantInnen als gleichrangige AkteurInnen und PartnerInnen in Integrationsprozessen, 3.) die Selbstverpflichtung der Kommune zur interkulturellen Öffnung der Verwaltung. Dies zum einen um den Zugang von MigrantInnen zu Verwaltungsleistungen zu verbessern und sie perspektivisch als Beschäftigte zu gewinnen, zum anderen als eine Vorbildfunktion gegenüber in der Kommune angesiedelten Unternehmen. Schließlich sollen 4.) ein begleitendes Monitoring sowie die regelmäßige Evaluation von einzelnen Maßnahmen und Projekten die Überprüfbarkeit der Integrationspolitik ermöglichen.

An- und Widersprüche kommunaler Integrationskonzepte
Es deutet sich bereits an, dass die zuweilen sehr unterschiedlichen Voraussetzungen einer Kommune, aus denen heraus ein Integrationskonzept entsteht oder entstehen soll, Folgen für die jeweilige Praxis lokaler Integrationspolitik haben. Insofern gibt es „gewichtige Gründe, den Steuerungsoptimismus der lokalen Integrationskonzepte einer genaueren Prüfung zu unterziehen.“ So stellt Gestring fest, dass Integrationskonzepte oftmals weniger den Charakter eines tatsächlichen politischen Handlungsprogramms tragen, sondern mehr den einer leidigen Pflichterfüllung oder einer bloßen Imagepflege. Ferner findet sich entgegen der inhaltlichen Beteuerungen noch der Defizitansatz in der lokalen Praxis wieder. Zustimmend bemerkte jüngst auch Gesemann, dass es noch immer Schwierigkeiten beim Perspektivwechsel von „einer eher problembezogenen zu einer ressourcenorientierten Integrationspolitik“ gäbe.

Damit im Zusammenhang stehend ist darauf zu verweisen, dass eine wenn auch gutgemeinte, aber im Effekt allzu einseitige Konzentration auf die Ressourcen und Potentiale von MigrantInnen wiederum für eine umfassende Integrationspolitik abträglich ist. So können doch strukturelle Barrieren, auf welche die Kommunen kaum bis wenig Einfluss haben, aus dem Blick geraten.

Letztlich sind die Kommunen als Verwaltungseinheiten in die widersprüchlichen Integrationspolitiken von Bund und Ländern eingebunden. Der Konsens, Integration als Querschnittsaufgabe zu begreifen, muss somit notwendigerweise auf die Tatsache prallen, dass eine Reihe entscheidender Politikfelder wie etwa Bildung und Arbeitsmarkt, nicht hinreichend aufeinander abgestimmt sind. Kommunale Anstrengungen, im Rahmen des verfassungsgemäß zugesicherten Rechts auf Selbstverwaltung, die örtlichen Integrationsangelegenheiten in eigener Verantwortung zu regeln, werden im föderalen Mehrebenensystem somit zwangsläufig geschmälert.

Neben dem Umstand, dass wesentliche, die Integrationspolitik betreffenden Kompetenzen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Kommunen fallen, steht das enorme Problem eingeschränkter finanzieller Handlungsspielräume. Insbesondere „kleine Städte und Gemeinden weisen allein aufgrund ihrer Größe entsprechend kleinere Finanz- und Personalbudgets auf. Kleine Verwaltungen haben einen geringeren Spielraum, um veränderte Aufgabenzuschnitte umzusetzen, es fällt ihnen schwer, beispielsweise personelle Ressourcen für einen Integrationsbeauftragten zu schaffen.

Das Problem eingeschränkter bis sehr knapper Ressourcen zur Wahrnehmung freiwilliger Aufgaben stellt auf kommunaler Ebene das zentrale Hindernis bei der Entwicklung einer strategischen Integrationspolitik dar. Im schlechtesten Falle könnte dies dazu führen, dass das sich immer noch in Entwicklung befindliche Politikfeld kommunaler Integrationspolitik aufgrund angespannter Haushalte, entgegen dem eigentlich dringenden Handlungsbedarf, zusammen mit anderen freiwilligen Aufgaben hinten ab fällt. Im Ergebnis wäre dies ein Rückschritt in die Zeit des integrationspolitischen „Durchwurstelns“.

Der nüchterne Blick zeigt, dass die Fähigkeiten und Mittel lokaler Integration zum einen nicht überschätzt werden sollten. Trotz dessen gibt es auf der kommunalen Ebene eine Reihe von Einflussmöglichkeiten, insbesondere in den Bereichen ergänzender Bildungsangebote, Wohnen, soziale und gesellschaftliche Teilhabe, wobei die Möglichkeiten kommunaler Integrationspolitik zum anderen auch nicht unterschätzt werden dürfen. Das angeführte Beispiel Bildung zeigt auf, dass Kommunen auch dort aktiv werden können wo sie keine unmittelbare Zuständigkeit haben.
Hierauf wird der kommende zweite Teil eingehen, insbesondere sollen die Vorteile, Handlungsfelder und Erfolgsbedingungen kommunaler Integrationskonzepte näher betrachtet werden.

Selbstreflexion und Leitbilder der Einwanderungsgesellschaft Teil II
aus der Kommunal-Info 9/2017
von Konrad Heinze

Ging es im ersten Teil, erschienen in der Kommunalinfo 5/2017, vornehmlich um allgemeine Überlegungen zu kommunalen Integrationskonzepten, sollen nun deren Vorteile, Handlungsfelder und Erfolgsfaktoren näher betrachtet werden. Zu Beginn ist dennoch ein Gedanke aus dem ersten Teil aufzugreifen: Integrationskonzepte können durchaus Gefahr laufen, die Illusion von „sozial-technischer“ Plan- und Steuerbarkeit zu beschwören. Das heißt, dass im bundesweiten Vergleich mancherorts die Vorstellung aufkam, ein solches Konzept als mechanischen Eingriff in die Gesellschaft zu betrachten – im Sinne von „man ändere Stellschraube X und erhalte Ergebnis Y.“ Gerade aber Integrationspolitik darf nicht auf einen bloßen politischen Maßnahmenkatalog reduziert werden. Integration ist vielmehr ein Entwicklungsprozess, der die gesamte Gesellschaft mit einbeziehen muss. Integrationskonzepte sind demzufolge in eine übergeordnete Strategie der allgemeinen Entwicklung der Kommune/des kommunalen Zusammenlebens einzufügen, sollen sie ihre Potentiale entfalten können.

Vorteile kommunaler Integrationskonzepte
Für die Erarbeitung und Einsetzung kommunaler Integrationskonzepte sprechen eine Reihe von Vorteilen. Zum ersten ermöglichen sie einen Vergleich zwischen dem Ist-Zustand und dem Soll-Anspruch der kommunalen Integrationslandschaft. Darüber hinaus tragen sie zum Bild, im Sinne des gesamtgesellschaftlichen Anspruchs solcher Konzeptionen, über die Gegenwart und Zukunft der Kommune bei. Hierüber können Integrationskonzepte zum zweiten dazu beitragen, strukturelle Stärken und Schwächen aufzudecken – in welchem gesellschaftlichen Teilbereich wie z.B. Zugang zu Bildung, Zugang zur Gesundheitsversorgung oder politische Teilhabe ist die Kommune gut aufgestellt, wo weniger? Zum dritten schafft ein Integrationskonzept ein Maß an Verbindlichkeit, das mit der so gegebenen langfristigen Perspektive den lokalen AkteurInnen der Integrationspolitik verlässliche und stabile Rahmenbedingungen für ihre jeweilige Arbeit bietet. Einigt sich die Kommunalpolitik auf ein solches Rahmenwerk, gewinnen politische Entscheidungen zu Migration und Integration zum vierten an Nachvollziehbarkeit und Transparenz. Dies ist gerade in der öffentlichen Kommunikation innerhalb der kommunalen Gesellschaft von Vorteil, denn einerseits bildet es die allgemeinen integrationspolitischen Leitlinien und die konkreten Maßnahmen und Ziele der kommunalen Verwaltung und der Kommunalpolitik ab. Andererseits ist es für die Gesellschaft die Grundlage für eine weitergehende Beteiligung der EinwohnerInnenschaft und der gleichberechtigten Teilhabe. Zum fünften ermöglicht eine flächendeckende Einsetzung von Integrationskonzepten die Systematisierung und Vergleichbarkeit der jeweiligen kommunalen Konzepte untereinander. Wenngleich eine direkte Übertragung angesichts der lokalen Verschiedenheiten der Kommunen wenig praktikabel ist, wäre es doch ein lohnendes Ziel, dass die Kommunen hierüber zu einem Austausch sinnvoller Handlungsmöglichkeiten gelangen können.

Inhalte und Handlungsfelder kommunaler Integrationskonzepte
Nach Schröer zeichnet sich im Vergleich kommunaler Integrationskonzepte, trotz der regionalen Unterschiede, ein Erfolg versprechendes Muster ab. Demnach enthalten entwickelte und strategisch angelegte Konzepte stets ein Vorwort oder eine Einführung, welches nach Möglichkeit von der/dem BürgermeisterIn oder Landrat/Landrätin stammt und ein deutliches Bekenntnis zur kommunalen Integrationspolitik enthält. Im weiteren finden sich die Beschreibung von Integration als kommunaler Aufgabe, Definitionen von „Integration“ und „MigrantIn/Migrationshintergrund“, der Blick auf die lokalen Ausgangslagen und Rahmenbedingungen als Analyse der Ist-Situation sowie die Formulierung von Leitlinien der kommunalen Integrationspolitik, die Benennung von Verantwortlichkeiten innerhalb der Verwaltung und die Unterhaltung einer koordinierenden Querschnittsstelle – diese liegt im besten Fall bei den hauptamtlichen kommunalen Migrationsbeauftragten.

Weiterhin der Modus der Beteiligung der EinwohnerInnenschaft und lokaler AkteurInnen der Zivilgesellschaft (Schaffung und Ausbau von Netzwerken). Ebenso die Erarbeitung von konkreten Zielen und zugehörigen Indikatoren, damit die Erreichung der erstgenannten fortlaufend überprüft werden kann. Daraus folgt, dass auch eine regelmäßige Berichterstattung seitens der Verwaltung an den jeweiligen kommunalen Rat stattfinden muss.

Kommunale Integrationspolitk als Querschnittspolitik berührt eine Vielzahl von Handlungsfeldern. Diese umfassen in Übereinstimmung mit der einschlägigen Literatur und der praktischen Umsetzungen: interkulturelle Orientierung und Öffnung der Verwaltung, Entwicklung einer Willkommens- und Anerkennungskultur; Sprachförderung; Bildung und Ausbildung; Arbeit, Arbeitsmarktintegration und lokale Wirtschaft; Wohnen und Zusammenleben im Stadtteil/in der kreisangehörigen Gemeinde, Stadt- und Gemeindeentwicklung; Jugend- und Sozialarbeit, soziale Beratung und Betreuung; Gesundheitsförderung und Gesundheitsversorgung; Kulturförderung und Religion; Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe, der politischen Partizipation und des bürgerschaftlichen Engagements, Einbezug von Vereinen und Initiativen; Unterbringung und Betreuung von Asylsuchenden; Mediation von Konflikten; Aufklärung, Sensibilisieren und Information der EinwohnerInnenschaft sowie Maßnahmen zum Abbau von Diskriminierung und Rassismus.

Notwendig ist, dass den jeweiligen Handlungsfeldern eine geschlechterdifferenzierte Perspektive innewohnt und weiterhin sie mit einer  Kombination von kompensatorischen (auf Nachteilsausgleich ausgerichtet) und aktivierenden (auf Potenziale statt Defizite ausgerichtet) Maßnahmen unterlegt sind.

Erarbeitung kommunaler Integrationskonzepte
Als Grundlage eines Integrationskonzept empfiehlt es sich, ein Bild der Zukunft der Kommune zu entwerfen, um eine der wichtigsten Leitfragen der Erarbeitung eines solchen Konzeptes zu beantworten: „Warum machen wir das?“ Weitere Leitfragen lauten „Wie sehen die Leitgedanken/Grundsätze unserer Integrationspolitik aus?“, „In welchen Handlungsfeldern wollen wir schwerpunktmäßig aktiv werden?“, „Welche Ziele verfolgen wir mit dem jeweiligen Handlungsfeld?“,  „Wie wollen wir die Ziele erreichen?“, „An welche Zielgruppe richten wir uns mit welchen Angeboten?“, „Wer ist bei uns wofür verantwortlich?“, „Wie verfolgen wir die Wirkung?“ und „Welche Ressourcen setzen wir dafür ein?“.

Diese Leitfragen können unabhängig vom weiteren Verfahren als universell geltend betrachtet werden, geben sie doch sinnvolle Hinweise, womit zu beginnen ist. Hinsichtlich der konkreten Erarbeitung eines Integrationskonzeptes findet sich in der Literatur übereinstimmend der Verfahrensvorschlag eines kombinierten Top-Down (Integration als Führungsaufgabe) und Bottom-Up (Beteiligung von zivilgesesellschaftlichen Institutionen und der EinwohnerInnenschaft) wieder. Das heißt, dass in einer ersten Phase der jeweilige Kommunalrat in einer möglichst einmütigen Entscheidung die Verwaltung mit der Erstellung eines Konzepts beauftragt und die Verwaltungsspitze dies auch als „Chefsache“ behandelt. Diese entwickelt nun entlang von Leitfragen erste Perspektiven eines Leitbildes, bei dessen Erarbeitung bereits die Öffentlichkeit und relevante AkteurInnen der Zivilgesellschaft (bspw. Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Sportvereine, Kammern, Bildungseinrichtungen, MigrantInnenverbände, einzelne Schlüsselpersonen, die besonders in ländlichen Regionen von hoher Bedeutung sind, etc.) mit einzubeziehen sind. Aus den allgemeinen Leitlinien sind konkrete Ziele abzuleiten. Diese sind in thematischen Facharbeitsgruppen, bestehend aus jeweils fachkompetenten VertreterInnen der Verwaltung und  Zivilgesellschaft,  zu bearbeiten und mit geeigneten Maßnahmen zu unterlegen. Die Arbeit der Facharbeitsgruppen sollte von der weiter oben angeführten gemeinsamem Querschnittsstelle/Anlaufstelle koordiniert werden, die entweder bei der Verwaltungsspitze oder – so vorhanden und idealerweise – bei den kommunalen Migrationsbeauftragten angesiedelt ist. Dieser Anlaufstelle steht wiederum eine aus Verwaltung und Zivilgesellschaft paritätisch besetzte und mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Steuerungsgruppe bei. Der Kommunalrat ist regelmäßig über die Fortschritte der Erarbeitung zu informieren.

Zweifellos stellt dieses Vorgehen aber nun den Idealfall dar, in den wenigsten Fällen dürfte es eine derartige Eintracht zwischen den Fraktionen des Rates und der Verwaltungsspitze geben, von der Breite der inhaltlichen Vorstellungen ganz zu schweigen. Dennoch sind auch in diesem Fall die Prinzipien des dargelegten Vorgehens anwendbar: die Annäherung über die Leitfragen von einer allgemeinen Vorstellung der Zukunft der Kommune hin zu Leitzielen, daraus abgeleiteten Teilzielen und dafür notwendige Maßnahmen. Dies in Ansprache von und Absprache mit Schlüsselpersonen und einschlägigen AkteurInnen der Zivilgesellschaft. Das die Erarbeitung eines progressiven Integrationskonzepts auch ohne die Ressourcen der Verwaltung möglich ist, zeigt die Vorlage zum „Konzept zur Förderung der Integration von Geflüchteten/Asylbewerbern/Migrant*innen im Landkreis Görlitz (Integrationskonzept)“ der Fraktion DIE LINKE im Görlitzer Kreistag.

Erfolgsfaktoren kommunaler Integrationskonzepte
Die Erarbeitung und die Ausführung kommunaler Integrationskonzepte sind verschiedene Sachverhalte. Kann ersteres durchaus von einer lokalen Politik geleistet werden, die bereit ist, richtungsweisende Entscheidungen zu fällen und darüber Rechenschaft abzulegen, braucht es für letzteres notwendig eine „mitziehende“ Verwaltung. Denn am Ende geht es “nicht mehr nur um die soziale Integration einer einzelnen Bevölkerungsgruppe, sondern um die Entwicklungsperspektiven der ganzen Kommune.“ Als konkrete Erfolgsfaktoren zählt Schröer wie folgt auf:

  • Gesamtkonzept und Strategie sind vorhanden und politisch verbindlich.
  • Integration und interkulturelle Öffnung sind als Querschnittsaufgaben und Führungsverantwortung institutionalisiert.
  • Die interkulturelle Orientierung und Öffnung sind gewollt, Zugangsbarrieren sind identifiziert und werden abgebaut, die Kommune als Arbeitgeberin und Dienstleisterin wirkt beispielhaft.
  • Handlungsfelder sind identifiziert, priorisiert und werden (nacheinander) bearbeitet.
  • Ergebnisse und Wirkungen werden gemessen, Controlling und Evaluation (Monitoring) sind sichergestellt.
  • Beteiligung wird ermöglicht durch attraktive Einladungen, aufsuchende Angebote, einfache Sprache, rücksichtsvolle Terminfindung und geeignete Methoden.
  • Beteiligung erfolgt so früh wie möglich, wenn Gestaltung noch sinnvoll erscheint und deshalb die Motivation hoch ist; sie schafft gemeinsame Ergebnisse und damit nachhaltige Wirkungen.
  • Beteiligung aller Betroffenen (Stakeholder) erfolgt durch repräsentative Mitwirkung von Politik, Verwaltung, staatlichen Institutionen, gesellschaftlichen Gruppen, freien Trägern sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Zivilgesellschaft und von Migrantenorganisa- tionen.
  • Funktionierende Netzwerke sind aufgebaut.
  • Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ebenen, beispielsweise Land und Kommunen, aber auch interkommunal, ist sichergestellt.

Unbesehen dessen ist dennoch festzuhalten, dass Integrationskonzepte unabdingbarer Bestandteil einer umfassenderen Gesellschaftspolitik sein müssen. Sie können nur dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn allgemein eine Alltagsdemokratie als Form des Umgangs und der Konfliktaustragung gefördert wird.


Lesehinweise:
Schröer, Hubertus: Kommunale Integrationskonzepte, herausgegeben von Via Bayern, kostenlos unter: http://www.via-bayern.de/NIB/bilder/nib_heft4_integrationskonzepte.pdf
Schröer, Hubertus: Kommunales Integrationsmanagement, Wiesbaden 2015.
Fraktion DIE LINKE im Kreistag Görlitz: “Konzept zur Förderung der Integration von Geflüchteten/Asylbewerbern/Migrant*innen im Landkreis Görlitz (Integrationskonzept)“.
Stadt Münster: Leitbild Migration und Integration, 2014.

Konrad Heinze, Chemnitz